28. Juli 2013

Der Merkelschwamm

Niemand wird behaupten können, dass es keine ausreichenden Themen für einen Wahlkampf geben würde. Prism, Eurorettung und Energiewende haben das Potential in einer funktionierenden politischen Streitkultur für einen kurzweiligen Wahlkampf zu sorgen. Nichts geschieht, wegen der Konkordanz. Halt! wird hier der politische Beobachter sagen, eine Konkordanzdemokratie haben wir doch in der Schweiz, praktisch alle Parteien beteiligen sich an der Regierungsarbeit, Kompromisse werden ausgehandelt und dann auch gemeinsam vertreten. Und damit dies nicht in zu viel Hinterzimmerklüngelei ausartet, müssen die meisten wichtigen Gesetze per Volksabstimmung bestätigt werden. Doch praktisch haben wir in Deutschland auch einen parteiübergreifenden Kompromiss zu den drei wichtigen Themen die oben angeführt sind. Einzig in Details ist man sich uneinig, die werden im Wahlkampf nun als große Alternative angeboten, doch das lockt niemand hinterm Ofen vor. Diese Langeweile hat einen Namen: Angela Merkel.

Die CDU unter Merkel ist zu einem Schwamm mutiert, der alles von außerhalb aufsaugt und damit die Gegner trocken legt. Zuerst die Sozialdemokraten, dann die Grünen, egal was die aufs politische Tablett bringen, kaum ist es erkennbar, schwupps hat es der Merkelschwamm aufgesaugt. Doch schlimmer noch, von den politischen Gegnern wird auch nur noch solcherart produziert und präsentiert, was auch vom Merkelschwamm aufgenommen werden kann, das was Merkel übernehmen könnte gilt als mehrheitsfähig in diesem Land. Das wogegen Sie sich stellt, wenig genug, ist eindeutig als Minderheitenmeinung klassifiziert, wer sich dadafür einsetzt ist schon von vornherein auf der Verliererstraße. Merkelkompatibel bedeutet gleichzeitig Mehrheitsfähigkeit, also werden im Vorfeld schon gar keine Vorschläge gemacht, die dem diesem angenommenen Kriterium für eine breitere Zustimmung entgegenstehen könnte. Die politischen Gegner tragen also ebenso eine Schuld an diesen Zuständen, weil sie eben darauf verzichten, auch einmal etwas auf den Tisch zu bringen, was vom Schwamm nicht aufgesaugt werden könnte.

Wenn es denn doch einmal geschieht, wie die Positionen zur Energiewende wie sie neuerdings vermehrt aus den Reihen der FDP zu vernehmen sind, ist es so zaghaft und verschämt dargeboten, als hätte man Angst vor der eigenen Courage mit der Befürchtung, der Mekelschwamm könnte diese Forderungen nicht übernehmen. Da wird von einem Quotenmodell für die „Erneuerbaren“ gesprochen, oder neuerdings von einem „Moratorium“, Schritte die in richtige Richtung gehen, aber es wird tunlichst vermieden auszusprechen was offensichtlich ist: Die Energiewende ist gescheitert - jetzt geht es nur noch darum aufzuräumen und zu versuchen zu verhindern, dass noch größerer Schaden entsteht. Das trauen sich die vermeintlich Freien Demokraten nicht auszusprechen, der Merkelschwamm könnte ja die Aufnahme verweigern.

Hier wird nun auch deutlich, warum der anfangs gemachte Vergleich zur Konkordazdemokratie nach Schweizer Vorbild eigentlich unzureichend ist, weil alle wichtigen politischen Akteure schon im Vorfeld ihre Forderungen so beschneiden, dass es gar keine Aushandlungsprozesse, die ja ein wesentliches Merkmal des Schweizer Modells sind, mehr gibt. Von einer nachträglich angestrebten Legitimation des Aushandlungsergebnis durch das Volk ganz zu schweigen.

Prism, Eurokrise und Energiewende bieten auch gerade kleineren Parteien wie den Piraten, der FDP oder auch den Grünen die Möglichkeit, sich auch einmal mit einer fundierten eigenen Meinung in die öffentliche Diskussion einzubringen, doch praktisch nichts geschieht. Alle starren wie gebannt auf Merkel und welche Andeutungen von ihr signalisieren welches Thema als nächstes von ihr aufgesaugt wird.

Einen Plan, eine Idee, ein Programm, welches deutlich macht wofür die einzelnen Parteien stehen ist nicht vorhanden, oder wenn doch, dann ist es irrelevant, weil Merkel als oberste Richterin wahrgenommen wird, die schon wissen wird wird was gut für uns ist. Mit ihrer Bereitschaft ein Thema aufzusaugen bis es nicht mehr erkennbar ist, ist auch schon genug Anerkennung und Aufmerksamkeit gezeigt worden, und nur noch darum buhlen die anderen Parteien.

Aber vielleicht gibt es dieses Jahr noch eine Alternative zum Merkelschwamm, noch ist zu früh einzuschätzen ob nicht auch die AfD insgeheim um Merkels Aufmerksamkeit kokettiert. Dies, eigentlich nur dies, ist noch das Interessanteste an diesem beginnenden Wahlkampf.

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